Tabakernte in einem ganz ungewöhnlichen Jahr

Das Lorscher Tabakprojekt überwindet Hürden

Dass dies kein übliches und auch keine einfaches Jahr ist, spüren Menschen allerorten. Niemand, der von der Corona-Pandemie nicht betroffen wäre. Auch die Lorscher Tabakpflanzer*innen haben deshalb unter Zuhilfenahme von Abstands- und Hygieneregeln ihren Tabak angepflanzt und gepflegt. Denn: „Für uns war es keine Option, in diesem Jahr mit dem Tabakanbau aussetzen“, so der Projektleiter Bernhard Stroick.
Dass es gerade jetzt Not tut, gemeinsame Projekte – wenn auch unter anderen Bedingungen – am Laufen zu halten und wie ungemein positiv sich das auf alle auswirkt, kann man in Lorsch jetzt geradezu bildlich erleben. Im sogenannten LORSCHER SOMMERPARK, einer sechswöchigen „Poetischen Intervention“ in der Innenstadt, hängt derzeit eine Ausstellung mit Bildern aus dem Projekt. „Die Leute sind fasziniert. Denn die Bilder strahlen Lebensfreude, Gemeinschaft und Stolz auf das gemeinsam Erreichte aus“, so die KULTour-Amtsleiterin Gabi Dewald. – Was täte mehr Not in dieser merkwürdigen Zeit?
Doch nicht nur Corona erschwerte die Arbeit der Tabakpflanzer: Im Frühjahr wollte die Aussaat der gekeimten Samen zweimal nicht aufgehen. „Zum Verzweifeln“, so Stroick. Noch dazu waren die befreundeten Profi-Anzüchter ausverkauft, was Geudertheimer Zigarrentabak betraf. „Also haben wir das Feld mit Virgin aufgefüllt“, sagte der Projektleiter. Dieser Tabak allerdings dient am Ende nur als Schauobjekt zum Aufhängen in der Museumsscheune, die sich in Lorsch sehr anschaulich dem Tabakanbau widmet.
Schon Anfang August sind in diesem Jahr die Sandblätter reif zur Ernte. Doch viele haben, vor allem in Bodennähe, einen pünktchenartigen, gelblich-bräunlichen Befall, was die Pflanzen noch nie aufwiesen. Die dazu befragten Experten sind sich jedoch sicher: Es ist kein Pilz. Trotzdem mindert die unschöne Verfärbung natürlich die Freude am Ertrag und auch beim Aufnähen. Da deshalb „houch gebload“, also bis in Mittelgut hinein geerntet wurde, bleibt abzuwarten, ob und wie sich der Geschmack der Lorsa Brasil 2020 verändern wird. Normalerweise wird für die Lorscher Zigarre nur Sandblatt als Einlage verwendet. Je höher die Blätter am Stil sitzen, desto mehr Nikotin haben sie.
Doch die Stimmung ist unterm Strich mehr als gut. Auch in diesem Jahr das hat Projekt wieder Zuwachs durch neue Mitglieder bekommen. Alle erscheinen stets zahlreich zu den angesetzten Arbeitsterminen. Und dass es am Erntetag 32° Grad Celcius wurde, „verlieh der Sache ein direkt karibisches Flair“ schmunzelten die unverdrossenen Tabakpflanzer*innen. Im schon erwähnten LORSCHER SOMMERPARK präsentiert sich die fiedele Gruppe ein Wochenende später beim Zigarrenrollen – natürlich mit Abstandregel. „Dass die Leute selbst versuchen können, zu rollen, geht in diesem Jahr leider nicht“, bedauern die Zigarrenmacher*innen. Beim zeitgleich dort veranstalteten Gin-Tasting darf natürlich weder die gute Lorsa Brasil, noch der Tabacco-Gin, aromatisiert mit Lorscher Tabak, fehlen! – „Dieses Projekt macht uns einfach allen riesig Spaß – in jeder Hinsicht“, ist auch 2020 das Fazit dieser durchaus ungewöhnlichen Kulturinitiative.

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