„Genau wie bei uns!“ – Eine deutsche Ausstellung in Kuba wirbt für ein transnationales Tabakprojekt

„Genau wie bei uns!“
Eine deutsche Ausstellung in Kuba wirbt für ein transnationales Tabakprojekt

„Ist das ein Kubaner oder ein Deutscher?“ fragen die Eröffnungsgäste im prächtigen Innenhof des alten Hotel Conde de Villanueva. Das Ausstellungsplakat mitten in der Altstadt von Havanna zeigt einen Alten mit mächtigem Schnurbart und verwittertem Gesicht, die schwarzgefärbten Hände ruhen auf abgetragenen Cordhosen. So steht er mit strengem Blick unter buschigen Brauen im blühenden Tabakfeld, im Mund schmaucht eine Zigarre. Doch in der Tat ist es ein deutscher Bauer, die Aufnahme stammt aus den 1950er Jahren von einem Tabakfeld in der Metropolregion Rhein-Neckar im südhessischen Lorsch. „Was“, wundern sich die Besucher als nächstes: „In Deutschland gibt es Tabakanbau?“ Schließlich stoßen sich die Kubaner in die Rippen: „Guck mal – genau wie bei uns!“ und deuten auf die Bilder, wo Deutsche Tabak pflücken.

Botschafter zwischen den Kulturen
Damit hat die Ausstellung mit dem Titel „TABAK – Botschafter zwischen den Kulturen“ ihren Zweck eigentlich schon erreicht: zu zeigen, wie viele Parallelen es gibt zwischen Gemeinschaften, die Tabak pflanzen, pflegen, ernten und verarbeiten, egal, wie weit entfernt sie geographisch, politisch, weltanschaulich oder wirtschaftlich voneinander sein mögen. „Denn“, so weiß die siebenköpfige Lorscher Reisegruppe, die diese Ausstellung mit in die kubanische Hauptstadt brachte: „Tabak ist ungemein aufwändig in der Aufzucht, Pflege und Verarbeitung und egal wo auf dieser Welt: Man muss alles mit der Hand machen und hat das ganze Jahr hindurch damit zu tun.“

Tabak – eine Gemeinschaftsleistung
Sie wissen, wovon sie sprechen, denn sie selbst tun genau das seit 2013. In einem Freiwilligen-Projekt wollen sie so die stolze, über 300jährige Tradition des Tabakanbaus und der Zigarrenverarbeitung ihrer Heimatstadt lebendig halten. Dabei geht es nicht ums Rauchen. Vielmehr haben sie erkannt, dass mit dem Aussterben der Tabakkultur Kenntnisse, Handfertigkeiten und viele soziale Rituale und prägende Gewohnheiten ihrer Region verloren gehen: „Tabakanbau ist eine Gemeinschaftsleistung, die das ganze Dorf zusammenbringt.“

Ein Friedensprojekt
Die Ausstellung zeigt etwa 40 Großfotos aus einem Jahrhundert (1915 – 2015). Viel verändert hat sich im Tabakanbau nicht. Trotzdem sind vor allem die historischen Fotos auch Milieu-Studien. Sie erzählen von einer Zeit, deren Gesichter und Kulissen viel ferner als hundert Jahre scheinen. Dazu kommen erläuternde Textbanner. „Wir wollen mit dieser Ausstellung auch werben für ein transnationales kulturanthropologisches Austauschprojekt“, so die Leiterin des Lorscher Kulturamtes Gabi Dewald, die dieses Projekt initiierte. „Tabak eignet sich hervorragend dazu, den Menschen rund um den Globus klar zu machen, wie nahe sich alle die Kulturen sind, die sich um das Gleiche bemühen, nämlich um Aufzucht und Verarbeitung dieser Pflanze. In einer Zeit, wo alle Welt von Abschottung und Angst vor dem anderen spricht, scheint uns dieses Projekt aktueller und spannender denn je.“

„… macht aber viel Arbeit“
In Deutschland konnten die rührigen Tabakpflanzer aus Südhessen die Universität Bremen für dieses Friedensprojekt interessieren. In Kuba sind die St. Hieronymus Universität La Habana und die Universität von Pinar del Rio die möglichen akademischen Partner. Sowohl das Auswärtige Amt als auch die deutsche Botschaft in Kuba sind über das Projekt informiert. Auf der Karibikinsel wurde die Ausstellung und ein damit verbundener Arbeitseinsatz der Deutschen auf den Tabakfeldern von Pinar del Rio vom kubanischen Kultusministerium und dem Consejo Nacional de Patrimonio Cultural (kubanische UNESCO Welterben) unterstützt.
Während die Ausstellung in die Provinzen Kubas weiterreist, sind die Deutschen nach Hause zurückgekehrt. Hier muss der Tabak des letzten Jahres zu Ende fermentiert werden, was nahtlos in die neue Aussaat übergeht. „Und natürlich arbeiten wir weiter an unserem internationalen Projekt“, sagt Dewald. Fortsetzung folgt.

 

Infos
Wer sich über das Lorscher Tabakprojekt informieren möchte kann das auf der Homepage der Stadt tun unter www.lorsch.de/de/tabak-in-lorsch
Das KULTour-Amt ist ebenfalls gerne zu Auskünften bereits (Fon 0 62 51.59 67-501 oder KULTour@lorsch.de
Das Lorscher Tabakprojekt wurde vom Kultur- und Tourismusamt der Stadt Lorsch initiiert.

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